mama mit depression
Familienleben

Was ich im Zusammenhang mit Depressionen nicht mehr hören kann

Nun ist es kein Geheimnis. Ich habe mich geoutet und jetzt wissen viele, dass ich ein paar Baustellen habe. Ich leide an einer Angststörung, die sich mal mehr und mal weniger stark äußert. Zusätzlich habe ich Depressionen und im vergangenen Jahr schmuggelte sich noch ein hypochondrischer Schub dazu.

Das ist alles nicht witzig und ziemlich ernst. Denn meine Lebensqualität ist dadurch schon sehr eingeschränkt. Oft traue ich mich nicht einmal in den Garten, denn es könnte ja was passieren. Wenn ich mich mal räuspern muss, denke ich gleich, ich könnte eine arge Krankheit haben. Manchmal sitze ich einfach da und starre Löcher in die Luft und versinke dabei in tiefe, grausame Gedanken.

Es ist nicht leicht darüber zu reden oder darüber hier zu schreiben. Es kostet mich ein mega-großes Stück Überwindung. Die größte Angst (haha, da ist sie schon wieder) war, dass mir irgendwer die Kinder wegnehmen möchte. Manchmal habe ich die immer noch.

Wenn man sich nun outet, kommt, was kommen muss. Alle sind super informiert und jeder möchte helfen. Mit Tipps und Ratschlägen. Natürlich beziehen die meisten ihr Wissen … aus reinen Vermutungen. Und dann kommen dabei Tipps raus, die lieb gemeint aber trotzdem nervig sind.

Meine Liste der Topaussagen, die ich einfach nicht mehr hören kann:

  • Es mangelt mir an Vitaminen und deswegen geht es mir so.
  • Wenn ich den Weizen weg lasse, dann geht es mir schnell wieder gut.
  • Ich sollte öfter positiv denken, dann wird das schon wieder.
  • Mein Arzt ist ein Idiot und ich habe sicher keine Depressionen, denn sonst würde ich ja den ganzen Tag im Bett liegen.

Eine einzige Aussage stammt von jemanden, der selbst an Depressionen leidet. Bei dem das auch wirklich hilft. Doch bei mir eben nicht zutreffend ist. Die Geschichte mit dem Weizen. Alle anderen wissen nicht, was Depressionen sind und kennen aus eigener Erfahrung nur die depressive Verstimmung.

Aber bei mir handelt es sich doch nicht um Stimmungsschwankungen.

Der Vitaminmangel

Gemeint ist hier meist das Vitamin D3. Gerade in der lichtarmen Zeit KANN hier ein Mangel entstehen. Dies KANN sich dann in der Stimmung niederschlagen. Also man fühlt sich antriebslos, müde und schwer.

WENN der Mangel das auslöst, ist es klar, dass DANN die Vitamine auch helfen. Und am Ende handelte es sich um eine miese Laune, aber nicht um Depressionen.

Der Weizen

Ja, der liebe Weizen. Über den wird jetzt gefühlt schon ewig hergezogen und ich verstehe das. Ganz ehrlich. Die Züchtungen, die jetzt auf dem Markt sind, die in jedem Produkt, das Weizen enthält, verarbeitet werden, KÖNNEN tatsächlich schwer verdaulich sein. Nach dem Verzehr KÖNNEN eine Reihe von unerwünschten Symptomen auftreten. Geht mir auch so. Und WENN ich tatsächlich einmal Nudeln aus Weizen verzehre, DANN bin ich auch wie erschlagen. Bin antriebslos, müde und schwer. Weil mein Körper so viel leistet.

Aber ich esse höchst selten Weizen oder Produkte daraus. Nicht, weil ich so darauf reagiere, sondern weil es das ganz einfach nur ganz selten gibt bei uns. Wir stehen halt eher auf Roggen und Dinkel. Selbst verarbeite ich auch eben nur diese Mehle. Also kann Weizen nicht die Antwort oder Lösung sein.

Positiv denken

Das hilft nur dann, WENN der Auslöser einer miesen VERSTIMMUNG ein negativer Gedanke war. In den allerseltensten Fällen sind es bei MIR negative Gedanken, die ich mit positiven Gedanken aufhalten könnte. Wenn es tatsächlich so simpel wäre, dann bräuchte die Welt keine Ärzte und Therapeuten auf den Gebieten der Psychologie und Psychiatrie.

Ich schaffe es einfach nicht in einer depressiven Phase (damit meine ich eine ECHTE depressive Phase – KEINE miese/traurige Laune) einen ernsthaften positiven Gedanken zu fassen. Weil es schier unmöglich ist, in dieser Situation noch positiv zu denken.

In dieser Phase KANN man sich auf nix freuen. Weil man selbst Freude nicht verdient. Man VERDIENT das ganz einfach nicht.

Der Klassiker – Depressive stehen Morgens nicht mehr auf

Hachz … was für ein Klischee. Wo fange ich da bloß an?

Nein, wenn man Depressionen hat, dann liegt man nicht zusammengerollt und heulend unter der Decke. Man möchte es vielleicht, aber man macht es nicht zwangsläufig. Mamas und Papas mit Depressionen, und da kenne ich ein paar, können doch gar nicht im Bett liegen. Und oft sind es die Kinder, die uns dazu bringen, doch wieder aufzustehen.

Dann laufen wir wie ferngesteuert durch die Gegend, mit einem größtmöglichen, schlechten Gewissen, weil wir sind, wie wir sind. Wir wollen brüllen, weil wir uns tatsächlich erlaubt haben, ein Kind (oder mehrere) zu haben. Und die Liebe dieses kleinen Wesens haben wir uns doch gar nicht verdient. Doch wir stehen auf. Und wir kümmern uns mit voller Hingabe um das kleine Wesen, das wir stolz unser Kind nennen.

Ich kenne Leute, die haben noch keine Kinder. Und auch sie stehen auf. Jeden Tag. Mit einem größtmöglichen, schlechten Gewissen, weil sie sind, wie sie sind. Und sie funktionieren. Irgendwie.

Und zum Thema, mein Arzt ist wahrscheinlich überfordert gewesen, wusste es nicht besser, hat einfach schnell was aufgeschrieben:

Ganz so ist das nicht. Er war bestimmt nicht überfordert und hat sich gut um mich gekümmert. Er nahm sich jedes verdammte Mal Zeit und hörte mir zu, wenn ich wieder einmal sterbenskrank war. Obwohl das Wartezimmer bei ihm meist sehr überfüllt war.

Er hat mir nie das Gefühl gegeben, ich würde nerven oder wäre eine schwierige Patientin. Und schnell aufgeschrieben hat er auch nix. Denn ich war bei ihm zum ersten Mal im Jänner. Erst nach zig körperlichen Problemen, einigen, auf den Punkt gebrachten Fragen und 4 Monate später entschied er, dass ich Unterstützung in Form von Antidepressiva brauche, um wieder auf Spur zu kommen. Und dass ich sie nehme haben wir gemeinsam beschlossen. Erst als ich mein OK gab, hat er sie auch aufgeschrieben.

ER hat studiert und das ziemlich lange. So wie jeder Arzt lange studiert. Inklusive Facharztausbildung. Ich finde es nicht nett, sein Wissen in Frage zu stellen. Niemand kennt mich so wie er. Er kennt mich vielleicht nicht gut, so wie Freunde und Familie. Doch er kennt mich aus medizinischer Sicht. Ich denke dann schon, dass seine medizinische Einschätzung eher stimmt, als die einer jeden anderen Person (die halt kein Mediziner ist).

Eine Bitte

Es ist schwer, sich zu outen. Depressionen sind irgendwie immer noch so ein Tabuthema. Erst recht dann, wenn man Mama oder Papa ist. Also kostet es einem Betroffenen Überwindung und Mut, damit zu Familie und Freunde zu gehen.

In dem Moment bringt dir dieser Mensch unheimlich viel Vertrauen entgegen. Schätze das. Sei für den Menschen da. Hör‘ ihm/ihr zu. Stell Fragen, um besser zu verstehen. Aber bitte … bitte … weiß es nicht besser als der Betroffene selbst.

Mach die Krankheit nicht klein, indem du sagst, dass du auch Depressionen hast, wenn du sie nicht hast. Komm nicht mit Tipps um die Ecke, die helfen wenn man traurig ist. Das bringt nix und als Mensch mit Depression fühlt man sich sofort schlecht und nicht ernst genommen. Das führt höchstens dazu, dass wir uns sofort wieder verschließen.

Und: Menschen mit Depressionen haben auch gute Phasen. Da können die sogar mental so stark sein, dass sie sich von einem Tag auf den anderen das Rauchen abgewöhnen. Diese Stärke ist kein Indiz dafür, dass sich der Arzt geirrt hat. Das heißt nur, das dieser Mensch (also ich) da einfach einen guten Lauf hatte 😉

Ein Dankeschön zum Schluss

An dieser Stelle möchte ich meinem Ehemann danken, denn er macht so Einiges mit und das schon seit mehr als einem Jahrzehnt. Wenn das keine Liebe ist, dann weiß ich auch nicht. Und ich bin sehr oft sehr schwierig. Ich weiß das nur zu gut.

Meinen Kindern danke ich, dass sie hier sind. Sie wissen mittlerweile, was los ist und ich spreche ganz offen mit ihnen darüber. Ich bin mir sicher, sie verstehen noch nicht ganz. Können das noch nicht so erfassen. Aber sie verstehen, und das ist wichtig, dass nicht sie das Problem sind. Niemals.

Ich danke den Leuten, die mir die Tipps gegeben haben. Denn ich weiß, sie tuen das aus reiner Liebe heraus. Trotzdem sind das alles nicht die Gründe dafür. Ich bin eben so, wie ich bin. Und vielleicht kommt der Tag, an dem ich dahinter steige, wieso. Aber bis dahin: es hat nix mit Weizen, Vitaminen, inkompetenten Ärzten oder negativen Gedanken zu tun.

Und ich danke Dir. Weil Du bis hier hin gelesen hast. Das zeigt, das Thema interessiert Dich. Möchtest du mir verraten:

Bist du Betroffene/r oder Angehörige/r? Wie gehst du mit der Thematik um?

Wir lesen uns =),
Babsi, die Chaosbloggerin aus dem Sumpf


Bleiben wir in Verbindung?

Möchtest du Beiträge, die so ähnlich sind, wie dieser, nicht mehr verpassen?
Gefällt dir unser Bla und du möchtest noch mehr davon?

Dann folge Chaoshoch6 doch auf Facebook.
Wir freuen uns immer wieder auf neue Menschen.
Oder bist du eher auf Instagram zuhause?
Dann kannst du Chaoshoch6 gerne auch da folgen 🙂


Titelbid und/oder Beitragsbilder von pixabay.com


Babsi Hey

Name: Babsi Hey
Beruf:
Mama von 4, Chefassistentin in der Firma meines Mannes, Texterin, Emote Designerin
Hobbys: zeichnen, illustrieren, nähen, einfach alles Kreative
Kontakt:
babsi@chaoshoch6.at

Amazonwunschliste

Mehr über mich...

Für dich vielleicht ebenfalls interessant...

4 Kommentare

  1. Hey Babsi 🙂

    Ja – und nein. Das Thema Depression ist sehr zwiespältig für mich, da ich durch eine (tatsächlich schnelle) Diagnose (eines Arztes der sich tatsächlich keinerlei Zeit für die eigentliche Problematik nahm) mittelschwere Probleme bekam, die mir mein Ex eingebrockt hat. Echt bescheuert, wie die Gesellschaft damit umgeht. Lange geschichte kurzer Sinn: Ich habe mich entschieden, nicht geistig in meiner Vergangenheit zu stochern. Viele Menschen hatten Kindheiten, wo nicht alles Friede-Freude-Eierkuchen war. Meine Eltern haben getan, was ihnen eben möglich war, wir hatten ein großes Haus und viel Freiheit dafür bin ich ihnen dankbar, punkt. Klar, manchmal hats mich und der Tag ist sinnlos und ferngesteuert. Irgendwann bin ich – ohne es großartig zu „wollen“ oder zu „wissen“ initiiert worden in eine spirituelle Lehre, einen „Herzweg“. Ich bekam einen tieferen Sinn und begann daran zu arbeiten, mein Leben so umzugestalten, dass es mir möglich ist, meine Gabe zu leben, auch wenn der Großteil der Bevölkerung rein gar nichts damit anfangen kann, ja mein Wirken noch nicht mal mitbekommt. Später habe ich ein schamanisches Ausbildungsjahr gestartet und gelernt, bestimmte Werkzeuge für mich einzusetzen. Denn ich habe auf dem „Herzweg“ zum „Pfad der Drei Kräfte“ gefunden und bemerkt, dass jedes noch so große Loch zwar von unterdrückten Emotionen kommt, aber nicht dadurch überwunden wird, dass ich mir all diese Emotionen noch einmal antue. Sondern mich einer Aufgabe widme, für die ich wirklich brenne, die mich in Wahrheit schon ein ganzes Leben lang begleitet. Habe den großen Segen, jetzt gleich von mehreren Menschen umgeben zu sein, die meine Kraft, meine Stärke erkennen können und schätzen. Wir machen einander einfach nicht lächerlich und obwohl jeder von uns sehr mit sich sebst kämpft und auf diesem Weg auch alleine sich beweisen muss, ist ein Kollektiv entstanden, das mit dem Mainstream nichts zu tun hat, das wie ein erweitertes Schutzschild zwischen meinem zerbrechlichen übersensiblen Wesen und der „Welt da Draußen“ geworden ist. Oi so viel wollt ich gar nicht schreiben 😀 Eines noch: Positive Gedanken haben mich jahrelang (8 lange Ehejahre) aufrecht gehalten, aber das geht eben wirklich nur, wenn auch noch etwas Positives DA ist, wie ein Strohhalm an den man sich klammert. Auch sehr mühsam auf Dauer, denn die Welt und das Leben ist nicht nur Licht und Liebe, das geht mir ziemlich aufn Keks, dieses Geschwafel, und Viele kommen nicht an die Wurzel, weil sie sich gemäß ihrer Gewohnheiten nur dort aufhalten, wo es angenehm ist. Die Wurzel aber liegt in der Dunkelheit. Die Regeneration auch. Hoffe, dass war jetzt nicht zu viel hier. LG

    1. sagt:

      Dankeschön und nein, es war nicht zu viel hier 🙂

  2. Uschi sagt:

    Hallo Babsi!
    Zuerst einmal ein großes Lob an dich, dass du diesen Schritt gemacht hast. Ich weiß, dass du dieses Lob vielleicht nicht annehmen kannst. Aber ich schreib das trotzdem. Mir hat das auch sehr geholfen, offen damit umzugehen. Nur bei meinem Mann zu ich mir immer noch schwer. Frag mich nicht warum.
    Für mich war es wie bei dir auch die Tatsache, dass ich das meinen Kindern nicht antun will, das Ausschlaggebende, dass ich zum Psychiater gegangen bin, und mir Antidepressiva verordnen lassen habe. Meine Mutter war auch depressiv, und hat das nicht gemacht.
    Ich nehme gerade das dritte verschiedene Antidepressiva, und es geht mir im Monent gut damit (wenn ich mir erlaube, es zu nehmen).
    Die Reaktion meiner Mitmenschen ist auch nicht gerade so, wie man sich das vorstellt. Die Aussagen, die du angeführt hast, kennt wohl jeder. Leider.
    Viel schlimmer finde ich allerdings, dass Freunde nicht mehr wissen, wie sie mit einem umgehen sollen. Das macht mir am Meisten zu schaffen.
    Jetzt genug über mich gelabert.
    Ich finde deinen Blog toll und würde mich freuen, wenn du dieses Thema weiterhin behandeln würdest. Vielleicht ändert das ja was in den Köpfen der Leute da draußen.
    Alles Gute,
    Uschi

    1. sagt:

      Liebe Uschi,
      danke für deine Offenheit und dass du hier deine ganz persönliche Erfahrung teilst. Das weiß ich sehr zu schätzen und ich finde dich total mutig dafür. Ich finde es auch schade, dass viele dann nicht mehr wissen, wie sie mit einem umgehen sollen. Dabei ist man doch die selbe Person, wie vorher. Wahrscheinlich geschieht das aus der Unwissenheit heraus. Sie wissen einfach nicht, was zu tun ist. Trauen sich aber auch nicht danach zu fragen.
      Danke für dein Lob. Ich nehme es sehr gerne an. Heute habe ich einen guten Lauf 😉
      Auf jeden Fall möchte ich an dem Thema dran bleiben und weiter darüber berichten.
      Ich wünsche dir das Allerbeste,
      Babsi

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert